Die Pflege unserer Biotope und Weinbergböschungen
Für die besondere Vielfalt an Flora und Fauna des Kaiserstuhls sind die typischen Böschungen, Raine und Terrassen maßgeblich verantwortlich.
Was sind Böschungen und Raine?
Der Kaiserstuhl, gelegen als einzige Erhebung im Tiefland des Rheingrabens zwischen Basel und Karlsruhe, ist ein kleines Mittelgebirge mit einer Höhe von 556,8 Metern über dem Meeresspiegel.
Um diesen einzigartigen Vulkan landwirtschaftlich nutzen zu können wurden, wo möglich, Terrassen in die bis zu 30 Meter aufliegende Lössschicht gegraben. Dadurch sind hänge mit einem Winkel von meist 70-80° Steigung entstanden. Die entstehenden ebenen Flächen können dadurch relativ einfach landwirtschaftlich bzw. weinbaulich genutzt werden.
Historische Bedeutung dieser Feldraine
Historisch gesehen wurden die Böschungen zur Produktion von Futter für die Tiere genutzt. Vor der industriellen Revolution und der zunehmenden Mechanisierung waren Tiere wie Pferde und Rinder wichtige Arbeitstiere, um landwirtschaftliche Arbeiten wie Pflügen, Eggen oder den Transport von Agrargütern zu bewältigen.
Wo es möglich war, wurden Flächen für die Erzeugung von Nahrungsmitteln wie Getreide, Obst und Gemüse sowie für Genussmittel wie Wein genutzt. Grünland entstand nur dort, wo eine andere Nutzung kaum rentabel war. Gerade bei der ärmeren Landbevölkerung wurden die Böschungen gemäht, und das Gras bzw. Heu wurde an die Tiere verfüttert. Teilweise baten ärmere Landwirte und Winzer reichere Landbesitzer um Erlaubnis, die Böschungen für ihr eigenes Vieh mähen zu dürfen.
Durch die regelmäßige Mahd dieser Flächen entwickelte sich eine einst artenreiche und vielfältige Flora – und bot damit Lebensraum für eine besondere Fauna.


Heutige Bedeutung der Böschungen
Durch den flächendeckenden Einsatz von Traktoren werden die Böschungen heute nicht mehr zur Futtergewinnung genutzt und gelten vielerorts als arbeitsintensive Zusatzbelastung. Häufig bleiben sie entweder ungenutzt und verwildern oder werden großflächig und intensiv gemulcht. Beide Vorgehensweisen – die fehlende Pflege ebenso wie die zu häufige oder flächige Mulchmahd – wirken sich jedoch negativ auf die besondere Flora und Fauna des Kaiserstuhls aus.
In wertvollen Glatthaferwiesen verschwinden typische Pflanzenarten wie Orchideen, Witwenblumen oder Flockenblumen. Entweder werden sie von invasiven Arten wie Kanadischer Goldrute, Clematis oder Robinie verdrängt, oder sie gehen durch unspezifische Mulchmaßnahmen verloren, da die lichtliebenden Wiesenkräuter und -gräser keinen Raum mehr zum Keimen finden.
Mit dem Rückgang der vielfältigen Flora geht auch der Lebensraum für zahlreiche Tierarten verloren – darunter viele bedrohte Wildbienen, Hummeln und andere bestäubende Insekten.
Das Ökosystem Kulturlandschaft
Die Pflege unserer Flächen betrachten wir als Teil eines zusammenhängenden Ökosystems, in dem jeder seinen Platz hat. Wir wollen die einzigartige Vielfalt des Kaiserstuhls erhalten und setzen uns aktiv für eine fachgerechte Pflege ein. Mit Unterstützung des Landschaftserhaltungsverbands Landkreis Emmendingen e.V. erhalten und schaffen wir hochwertige Offenlandbiotope durch gezielte Mahd und den Aufbau strukturreicher Hecken.
Unsere vielfältigen Flächenstrukturen erfordern von uns Flexibilität und Einfallsreichtum. Dort, wo Maschinen nicht hinkommen oder keine große Hilfe sind, wird von Hand gemäht.


Besondere Anforderungen erfordern besonderes Werkzeug
Mit einer traditionellen, klassischen Sense können wir in den steilen Böschungen der kleinen Terrassen am Kaiserstuhl nicht arbeiten. Im Schwarzwald haben wir jedoch einen Hersteller gefunden, der Sensen speziell für unseren Einsatzzweck anfertigt – die Sensenwerkstatt Reminder.
Im Video erklärt Johannes, worin die besonderen Herausforderungen bei der Handmahd der Böschungen liegen.
Maschinen sinnvoll einsetzen
Natürlich können wir nicht alle unsere Flächen von Hand mähen und greifen daher, wo nötig, auf maschinelle Unterstützung zurück. Wo es technisch möglich ist und die Nährstoffe vor Ort nicht benötigt werden, mähen wir mit dem Messerbalken.
Durch das Abtragen des Mähguts bauen die Böschungen weniger Humus auf – das macht sie stabiler. Denn Humus speichert Wasser, und gerade in nassen Jahren wird der Boden dadurch schwerer und anfälliger für Hangrutsche. Gleichzeitig profitieren typische Wiesenkräuter wie Malven oder Wiesensalbei von mageren Standortbedingungen: Sie finden bessere Keimbedingungen und können sich leichter etablieren.
Das Schnittgut wird von den Böschungen entfernt und auf unseren Kulturflächen als Humus- und Nährstofflieferant weiterverwendet.
Auf ebenen Flächen setzen wir zur Messerbalkenmahd einen Einachsschlepper ein. An den Böschungen kommt – wo es das Gelände zulässt – ein Schmalspurschlepper mit entsprechendem Auslegegerät zum Einsatz.
